Die positiven Effekte von Probiotika
Bevor wir uns den möglichen Nebenwirkungen widmen, ist es wichtig, die positiven Effekte von Probiotika zu verstehen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Probiotika bei der Behandlung und Vorbeugung verschiedener Gesundheitsprobleme hilfreich sein können. Dazu gehören:
Verdauungsgesundheit: Probiotika können helfen, Symptome von Reizdarmsyndrom (IBS), Durchfall (insbesondere Antibiotika-assoziierter Durchfall) und Verstopfung zu lindern.
Immunsystem: Einige Studien legen nahe, dass Probiotika das Immunsystem stärken und die Häufigkeit von Erkältungen und Infektionen reduzieren können.
Mental Health: Es gibt Hinweise darauf, dass Probiotika eine Rolle bei der Linderung von Symptomen von Angst und Depression spielen können, möglicherweise durch die sogenannte Darm-Hirn-Achse.
Hautgesundheit: Probiotika könnten auch bei Hauterkrankungen wie Akne und Ekzemen hilfreich sein.
Mögliche Nebenwirkungen von Probiotika
Trotz der potenziellen gesundheitlichen Vorteile können Probiotika bei manchen Menschen Nebenwirkungen hervorrufen. Diese Nebenwirkungen sind in der Regel mild und vorübergehend, aber in bestimmten Fällen können sie ernsthaftere Probleme verursachen. Im Folgenden sind einige der häufigsten Nebenwirkungen aufgeführt:
Verdauungsbeschwerden: Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Probiotika gehören Blähungen, Völlegefühl und Bauchschmerzen. Diese Symptome treten normalerweise in den ersten Tagen der Einnahme auf und klingen oft ab, sobald sich der Körper an die neuen Bakterien gewöhnt hat. Es wird angenommen, dass diese Beschwerden durch die Anpassung des Darms an die neuen Mikroorganismen verursacht werden.
Durchfall: Einige Menschen können nach der Einnahme von Probiotika Durchfall erfahren. Dies ist in der Regel eine vorübergehende Reaktion, die sich innerhalb weniger Tage bessert. Wenn der Durchfall jedoch länger anhält, sollte die Einnahme der Probiotika gestoppt und ein Arzt konsultiert werden.
Allergische Reaktionen: Obwohl selten, können Probiotika allergische Reaktionen auslösen. Symptome können Hautausschlag, Juckreiz, Schwellungen und Atembeschwerden umfassen. Bei Anzeichen einer schweren allergischen Reaktion, wie z.B. Anaphylaxie, ist sofortige medizinische Hilfe erforderlich.
Infektionen: In sehr seltenen Fällen können Probiotika Infektionen verursachen, insbesondere bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem, wie z.B. bei Patienten nach einer Organtransplantation, Krebspatienten oder Menschen mit schweren chronischen Krankheiten. Die Bakterien in Probiotika können in den Blutkreislauf gelangen und Infektionen wie Bakteriämie oder Sepsis verursachen.
Stoffwechselveränderungen: Einige Studien haben gezeigt, dass Probiotika bei bestimmten Menschen zu Veränderungen im Stoffwechsel führen können. Diese Veränderungen können sich auf den Blutzuckerspiegel, den Blutdruck oder die Fettstoffwechselprozesse auswirken. Es ist wichtig, dies besonders bei Menschen mit Stoffwechselstörungen oder Diabetes zu berücksichtigen.
Interaktion mit Medikamenten: Probiotika können mit bestimmten Medikamenten interagieren. Insbesondere können sie die Wirksamkeit von immunsuppressiven Medikamenten beeinflussen oder die Nebenwirkungen von Antibiotika verstärken. Es ist daher ratsam, vor der Einnahme von Probiotika Rücksprache mit einem Arzt zu halten, insbesondere wenn Sie regelmäßig Medikamente einnehmen.
Studien zu Nebenwirkungen von Probiotika
Da wir nun mögliche Nebenwirkungen aufgezeigt haben, welche in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert werden, stellt sich nun die Frage, wie sieht es wirklich mit empirischen Untersuchungen diesbezüglich aus? Gibt es also Studien, die Nebenwirkungen von Probiotika zeigen und wenn ja, welche Nebenwirkungen sind das. In einer Übersichtsstudie, einer sogenannten Meta-Analyse, von Dore et al. (1), wurden systematisch solche Studien aufgearbeitet, bei denen eine Probiotikaeinnahme erfolgte und in diesen Studien auch mögliche Nebenwirkungen untersucht beziehungsweise dokumentiert wurden. Die Übersichtsarbeit kommt zu der Schlussfolgerung, dass das Risiko für Nebenwirkungen bei der Probiotikaeinnahme bei Patienten mit Reizdarmsyndrom erhöht war. Insgesamt konnte aber nur ein statistisch relevante Nebenwirkung ermittelt werden und dies waren Unterleibsschmerzen.
In einer weiteren Übersichtsarbeit von Didari et al. (2) wurden alle verfügbaren Informationen zur Sicherheit und zu möglichen Nebenwirkungen von Probiotika ermittelt. Dabei kommen sie zu dem Schluss, dass von Experten als mögliche Nebenwirkungen von Probiotika, vor allem Sepsis, Fungämie (Nachweis von Pilzen im zirkulierendem Blut), und eine Darmischämie (verminderte Durchblutung des Darms) diskutiert werden. Laut der Einschätzung der Übersichtsarbeit von Didari et al. (2) sind Patienten auf Intensivstationen, schwerkranke Kinder, Patienten in Krankenhäusern beziehungsweise nach einer Operation und Patienten mit einer Immunschwäche, einem höheren Risiko bei der Einnahme von Probiotika ausgesetzt. Letztendlich kommen Didari et al. (2) aber zu der Schlussfolgerung, dass Probiotika grundsätzlich sicher sind.
Letztendlich zeigen die verfügbaren wissenschaftlichen Daten, dass die Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen bei Probiotika sehr gering ist und es nur eine kleine Gruppe an Patienten gibt, bei denen ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen gibt.
Langfristige Auswirkungen und Risiken
Während kurzfristige Nebenwirkungen von Probiotika gut dokumentiert sind, sind die langfristigen Auswirkungen weniger gut erforscht. Einige Studien haben Bedenken hinsichtlich der langfristigen Nutzung von Probiotika aufgeworfen, einschließlich der Möglichkeit, dass sie das Gleichgewicht der Darmflora dauerhaft verändern könnten. Dies könnte theoretisch zu einer Überwucherung bestimmter Bakterienstämme und einem Ungleichgewicht im Mikrobiom führen.
Ein weiteres potenzielles Risiko besteht in der Entwicklung einer Resistenz gegen probiotische Bakterien. Wie bei Antibiotika könnten auch bei Probiotika resistentere Stämme entstehen, die schwer zu behandeln sind. In der Praxis gehört es allerdings bei der Kommerzialisierung von Probiotika – zumindest bei führenden Herstellern — auch dazu, umfangreiche Sicherheitsuntersuchungen der verwendeten Stämme durchzuführen. Dazu gehören unter anderem auch, dass die verwendeten Stämme bezüglich ihrer Resistenz gegenüber Antibiotika getestet werden. Das Risiko diesbezüglich sollte also sehr gering sein.
Wer sollte Probiotika mit Vorsicht verwenden?
Bestimmte Personengruppen sollten besonders vorsichtig sein, wenn es um die Einnahme von Probiotika geht. Dazu gehören:
Personen mit geschwächtem Immunsystem: Menschen mit geschwächtem Immunsystem, wie z.B. Krebspatienten, Menschen mit HIV/AIDS oder Personen nach einer Organtransplantation, sollten die Einnahme von Probiotika vermeiden oder nur unter ärztlicher Aufsicht durchführen.
Schwangere und stillende Frauen: Obwohl Probiotika im Allgemeinen als sicher für schwangere und stillende Frauen gelten, sollten diese Personengruppen vor der Einnahme einen Arzt konsultieren, um mögliche Risiken auszuschließen.
Kleinkinder und ältere Menschen: Probiotika können auch bei sehr jungen oder sehr alten Menschen anders wirken. Es ist ratsam, bei diesen Altersgruppen vorsichtig zu sein und die Einnahme von Probiotika mit einem Arzt abzusprechen.
Probiotika: Die richtige Balance finden
Probiotika bieten zweifellos viele potenzielle gesundheitliche Vorteile, aber wie bei jeder Nahrungsergänzung oder jedem Medikament ist es wichtig, die möglichen Nebenwirkungen und Risiken zu berücksichtigen. Die meisten Menschen werden Probiotika ohne größere Probleme einnehmen können, aber für einige können sie unangenehme Nebenwirkungen oder sogar ernsthafte Gesundheitsprobleme verursachen.
Es ist ratsam, Probiotika langsam in die Ernährung zu integrieren und dabei auf die Reaktion des Körpers zu achten. Beginnen Sie mit einer niedrigeren Dosis und steigern Sie diese allmählich, um Ihrem Körper Zeit zur Anpassung zu geben. Bei anhaltenden oder schweren Nebenwirkungen sollten Sie die Einnahme abbrechen und einen Arzt konsultieren.
Probiotika sollten auch als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes zur Gesundheitsförderung betrachtet werden. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf und ein gesunder Lebensstil sind entscheidend, um das volle Potenzial der probiotischen Unterstützung zu nutzen.
Letztlich ist es wichtig, informierte Entscheidungen zu treffen und bei der Verwendung von Probiotika individuell auf die eigenen Bedürfnisse und gesundheitlichen Voraussetzungen zu achten. So können Sie die Vorteile der Probiotika maximieren und gleichzeitig mögliche Nebenwirkungen minimieren.
Literatur
(1) Dore et al. Nutrients 2019 Dec; 11(12): 2913.
(2) Didari et al. Expert Opin Drug Saf 2014 Feb; 13(2):227–39.
