Die Verbindung zwischen Darm und Gehirn: Die Darm-Hirn-Achse
Wenn wir uns mit dem Einfluß von Probiotika auf Schlafstörungen beschäftigen, lohnt es sich die Verbindung zwischen Darm und Gehirn näher zu betrachten. In den letzten Jahren hat die Forschung zunehmend das Konzept der „Darm-Hirn-Achse“ untersucht, eine bidirektionale Kommunikationsverbindung zwischen dem Zentralnervensystem und dem Verdauungssystem. Diese Achse ermöglicht es dem Darm, Signale an das Gehirn zu senden und umgekehrt. Dies geschieht hauptsächlich über das Nervensystem, das Immunsystem und durch chemische Botenstoffe wie Hormone und Neurotransmitter.
Da die „Darm-Hirn-Achse“ eine bidirektionale Kommunikationsverbindung ist, stehen Verdauungsstörungen oft im Zusammenhang mit Stress, aber es können eben auch mentale Probleme, mit dem Mikrobiom des Darms im Zusammenhang stehen.
Ein bedeutender Teil dieser bidirektionalen Kommunikation läuft über den Vagusnerv, der direkt vom Darm zum Gehirn führt. Der Zustand des Darms, insbesondere das Mikrobiom – also die Gemeinschaft der Mikroorganismen im Darm –, kann die Funktion des Gehirns beeinflussen und umgekehrt. Diese Erkenntnis hat die Tür zu neuen Forschungsmöglichkeiten geöffnet, einschließlich der Frage, wie das Mikrobiom den Schlaf beeinflusst.
Einen tieferen Einblick zur Verbindung zwischen dem Mikrobiom des und dem Zentralnervensystem liefert unser Beitrag zur Darm-Hirn-Achse.
Wie beeinflusst das Mikrobiom den Schlaf?
Das Darmmikrobiom spielt eine entscheidende Rolle bei der Produktion und Regulation von Neurotransmittern und Hormonen, die den Schlaf beeinflussen. Zum Beispiel ist Serotonin, ein Neurotransmitter, der oft als „Glückshormon“ bezeichnet wird, nicht nur für die Stimmung, sondern auch für die Regulierung des Schlafs von Bedeutung. Interessanterweise wird etwa 90 % des körpereigenen Serotonins im Darm produziert. Serotonin ist wiederum ein Vorläufer von Melatonin, dem Hormon, das den Schlaf-Wach-Zyklus reguliert.
Ein unausgeglichenes Darmmikrobiom kann zu einer Dysbiose führen, einem Zustand, bei dem das Gleichgewicht zwischen nützlichen und schädlichen Bakterien gestört ist. Dysbiose wurde mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht, darunter auch Schlafstörungen. Studien haben gezeigt, dass eine gestörte Darmflora zu Entzündungen und erhöhten Spiegeln von Stresshormonen wie Cortisol führen kann, was den Schlaf negativ beeinflusst.
Mögliche Mechanismen wie Probiotika den Schlaf beeinflussen können
Die genauen Mechanismen, wie Probiotika den Schlaf beeinflussen, sind noch nicht vollständig geklärt, aber es gibt mehrere Hypothesen:
Reduktion von Entzündungen: Probiotika können Entzündungen im Körper reduzieren, was sich positiv auf den Schlaf auswirken kann. Chronische Entzündungen werden häufig mit Schlafstörungen in Verbindung gebracht.
Produktion von schlaffördernden Substanzen: Wie bereits erwähnt, können Probiotika die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin fördern, was wiederum die Melatoninproduktion und den Schlaf-Wach-Zyklus unterstützt.
Stressreduktion: Durch die Verbesserung der Darmgesundheit können Probiotika auch das Stressniveau senken, was wiederum den Schlaf fördert.
Studien zur Wirkung von Probiotika auf den Schlaf
Mehrere Studien haben untersucht, wie sich die Einnahme von Probiotika auf den Schlaf auswirken kann.
Eine Übersichtsarbeit zur Auswirkung von Probiotika auf die Schlafqualität zeigt, dass nach einer Einnahme von Probiotika über 4–6 Wochen beziehungsweise 8–16 Wochen, zu einer deutliche Verbesserung der Schlafqualität geführt hat (1). Insgesamt wurden 15 Studien zum Zusammenhang von Probiotika und Schlafqualität in diese Übersichtsstudie einbezogen. Eine weitere Übersichtsarbeit von Gil-Hernandez et al. diesbezüglich kommt zu dem Schluss, dass noch weitere Forschung in diesem Bereich notwendig ist, aber erste Studien eindeutig zeigen, dass eine Modulation des Darmmikrobioms mittels Probiotika eindeutig die Schlafqualität verbessern kann (2).
In einer Studie zum Einfluss von Probiotika auf Depression und Schlafqualität in Frauen in der Menopause konnte gezeigt werden, dass es zwar keinen signifikanten Einfluss auf die Schlafqualität gab, aber Angststörungen und Stress abgenommen hatten und der allgemeine Lebenszufriedenheit zugenommen hatte, nach der Einnahme von Probiotika über einen Zeitraum von 6 Wochen (3). Zudem konnte in einer mit Erwachsenen gezeigt werden, dass eine Einnahme von Probiotika über einen Zeitraum von 4 Wochen zu einer Verbesserung der Schlafqualität geführt hat (4). Weitere Studien zeigen auch, dass mit Hilfe von Probiotika die Schlaflatenz, also die Zeit bis zum Einschlafen, verringert werden kann.
Welche probiotischen Stämme wirken bei Schlafstörungen?
Nachdem wir gezeigt haben, dass es durchaus schon vielversprechende Studien zur positiven Wirkung von Probiotika auf die Schlafqualität gibt, stellt sich nun die Frage: Welche probiotischen Stämme sind das nun, die bei Schlafstörungen helfen können.
In einer Studie zum Einfluss von Probiotika auf die Schlafqualität konnte das probiotische Bifidobacterium longum1714 gute Ergebnisse zeigen (4). Auch konnten mit dem probiotischen Bakterium Lactobacillus gasseri CP2305 diesbezüglich gute Ergebnisse erzielt werden (5). Sehr vielversprechende Ergebnisse zur Behandlung von Schlafstörungen mittels Probiotika zeigen die beiden Stämme Lactobacillus helveticus R0052 and Bifidobacterium longum R0175. In mehren Studien konnte gezeigt werden, dass diese beiden Stämme wirkungsvoll bei Schlafstörungen eingesetzt werden können (6, 7, 8).
Vorteile von Probiotika zur Behandlung von Schlafstörungen
Sehr effektiv: Im Vergleich zu anderen Strategien bei Schlafproblemen, wirken Probiotika sehr gut. In den klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass schon nach 4 Wochen Schlafprobleme signifikant verringert werden konnten.
Keine Nebenwirkungen: Im Vergleich zu Arzneimitteln, sind bei Probiotika keine Nebenwirkungen bekannt, dies zeigen auch die klinischen Studien zum Einsatz von Probiotika bei Schlafstörungen. Es handelt sich um eine „sanfte“ Alternative zur Verbesserung von Schlafstörungen, ohne Nebenwirkungen. Im Gegenteil, in der Regel ist die Einnahme von Probiotika bei Schlafstörungen mit weiteren gesundheitlichen Vorteilen verbunden, die über die eigentlichen Schlafproblem hinausgehen (siehe „Breite Gesundheitswirkung“).
Können über einen langen Zeitraum eingenommen werden: Im Gegensatz zu vielen Arzneimitteln zur Behandlung von Schlafstörungen, gibt es bei der langfristigen Einnahme von Probiotika keine Gefahr eine Abhängigkeit zu entwickeln.
Wirken relativ schnell: Wie die klinischen Studien zeigen, wirken Probiotika relativ schnell bei Schlafproblemen. Innerhalb der ersten 4 Wochen ist hier mit einem positiven Effekt zu rechnen.
Breite Gesundheitswirkung: Da Probiotika für Schlafproblemen ihren Nutzen in der „Darm-Hirn-Achse“ entfalten, haben sie nicht nur einen positiven Effekt auf die Qualität des Schlafs, sondern auch auf Verdauungsprobleme. So konnte in klinischen Studien gezeigt werden, dass die hier bereits diskutierten Stämme Lactobacillus helveticus R0052 and Bifidobacterium longum R0175 nicht nur sehr gut bei Schlafstörungen helfen, sondern auch bei Verdauungsprobleme wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen helfen (7), sowie wirkungsvoll bei Depression und Angststörungen eingesetzt werden können (9).
Fazit: Sind Probiotika ein wirksames Mittel gegen Schlafstörungen?
Die aktuelle Forschung deutet darauf hin, dass Probiotika eine vielversprechende, natürliche Option zur Verbesserung der Schlafqualität sein könnten. Durch ihre Fähigkeit, das Darmmikrobiom zu beeinflussen, könnten sie indirekt den Schlaf positiv beeinflussen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Wissenschaft auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen steckt und weitere Studien erforderlich sind, um die genauen Mechanismen und die langfristige Wirksamkeit von Probiotika bei Schlafstörungen zu verstehen.
Wir konnten in unserem Beitrag auch zeigen, dass es sich insbesondere lohnt nach solchen Produkten Ausschau zu halten, die die beiden probiotischen Stämme Lactobacillus helveticus R0052 and Bifidobacterium longum R0175 enthalten, da diese bisher sehr gute Ergebnisse bei der Behandlung von Schlafstörungen erzielen konnten und auch positive Effekte auf Angststörungen und Depression haben.
Für Menschen, die an Schlafstörungen leiden, könnte die Einnahme von Probiotika in Kombination mit anderen bewährten Methoden zur Verbesserung des Schlafs, wie einer gesunden Schlafhygiene und Stressbewältigungstechniken, eine wertvolle Ergänzung sein. Wichtig ist es jedoch nach Produkten Ausschau zu halten, welche probiotische Stämme enthalten, die auch wirklich für den Einsatz bei Schlafproblemen in Studien getestet wurden, wie zum Beispiel die Bakterienstämme
Quellen
(1) Ito et al. Clinical Nutrition ESPEN 2024, 63: 623–630.
(2) Gil-Hernandez et al. Nutr Rev 2023, 81(12):1556–1570.
(3) Shafie et al. Clin Nutr ESPEN 2022, 50:15–23.
(4) Patterson et al. Scientific Reports 2024, 14: 3725.
(5) Chu et al. Clinical Nutrition 2023, 42(8): 1314–1321.
(6) Wallace et al. Front Psychiatry 2021, 12: 618279.
(7) Diop et al. Nutr Res 2008, 28(1): 1–5.
(8) Romijn et al. Australian & New Zealand Journal of Psychiatry 2017, 51 (8).
(9) Messaoudi et al. Gut Microbes 2011 (2:4): 1–6